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1913

1983

2016

Feuerwerk

im Kopf

Bevor wir uns näher mit der Veränderung unserer Leben beschäftigen, sollten wir kurz betrachten, was überhaupt in unserem Gehirn passiert, wenn wir uns Dinge merken.

 

Folgende Situation: Sie liegen auf der Couch, haben nach einem langen Arbeitstag die Füße hochgelegt und lauschen entspannt einem Hörbuch. Man könnte meinen, dass diese Tätigkeit rein der Entspannung dient. Würde man aber Ihre Hirnströme messen, könnte man sehen, dass ihr Hirn in großem Aufruhr ist und wie wild Signale hin und her sendet. Trotz ihrer geschlossenen Augen feuert sogar ihr Sehzentrum unablässig, während sich in Ihrem Gehirn Worte zu fantastischen Szenarien formen. Und als die Geschichte dann eine unerwartete Wendung nimmt, löst sich unter ihrer Schädeldecke an einem Neuron blitzschnell eine Verbindung zu einer anderen Gehirnzelle. Wieder andere Neuronen versuchen gleichzeitig an hunderten Andockstellen dieser einen Zelle neue Verbindungen herzustellen, um so die Informationen abspeichern zu können, die Sie durch das Hören der Geschichte gewinnen.

 

Vorgänge wie dieser geschehen gleichzeitig, immer und überall in unserem Gehirn. Wir besitzen über 100 Milliarden Gehirnzellen, die sich an über einer Billiarde Verbindungsstellen miteinander verknüpfen können. Was jedoch viel wichtiger ist: Anders als früher vermutet, passieren diese Vorgänge ein Leben lang. Egal wie alt wir werden, unser Gehirn formt sich ständig um und passt sich unseren Erfahrungen und Anforderungen an. Diese Erkenntnis ist jedoch noch gar nicht so alt.

Doch wer entscheidet eigentlich, was ins Gehirn vordringen darf?

Diese Erkenntnisse können also Menschen allen Alters Mut machen. Sie bedeuten nämlich, dass wir niemals ausgelernt haben,dass unsere Gehirne ständig mit Bewegung und Transformation beschäftigt sind und es möglich ist, sie mit einer schier unendlichen Menge an Wissen zu füllen - und das ein Leben lang.

Quellen

Der Neuroanatom und Nobelpreisträger Santiago Ramón y Cajal erklärt:

 

 »Die Neuronalbahnen des erwachsenen Gehirns sind voll ausgebildet, starr und unveränderlich.«

 

Die Schuld an diesem Irrtum wird dem Zeitgeist der Industrialisierung zugeschrieben. Die Menschen dieser Ära hätten die Struktur des Gehirns unterbewusst automatisch einer Maschine gleich gesetzt und sich deswegen instinktiv der Idee der Veränderlichkeit verweigert.

Es vergehen ganze 70 Jahre, in welchen diese Lehrmeinung nicht ernsthaft angezweifelt wird.

Erst im Jahr 1983 bemerkte der amerikanische Hirnforscher Michael M. Merzenich nach einer Serie von Experimenten an offenen Gehirnen von Affen, dass »diese Ergebnisse das vollkommene Gegenteil einer Sichtweise [sind], die das Nervensystem als eine Reihe fest verdrahteter Maschinen darstellt.«

Nach und nach beginnen immer mehr Forscher diese Erkenntnisse zu akzeptieren.

Heute ist das Konzept der ständigen Veränderbarkeit des Gehirns, der Neuroplastizität, einer der Grundsteine der Hirnforschung.

Doch gerade in einem so jungen Forschungsgebiet wie diesem, sind auch in Zukunft ähnlich radikale Umwälzungen sehr wahrscheinlich.