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Warum es einfacher ist, sich komplizierte Dinge zu merken:

DER TÜRSTEHER

IM KOPF

Zu entscheiden, an was wir uns letztendlich erinnern und welche Informationen vorher aussortiert werden, ist der Job des Arbeitsgedächtnisses. Dort hinein gelangen Informationen ziemlich einfach: Das Einzige was dafür getan werden muss, ist unsere Aufmerksamkeit auf etwas zu richten.

DIE SACHE MIT DER AUFMERKSAMKEIT

Schon allein auf Grund der Tatsache, dass wir uns damit mental auf das Empfangen von Informationen vorbereiten, können wir später diese Informationen besser behalten. Das Konzentrieren auf ein bestimmtes Ziel hilft uns, andere Elemente, die uns vom Lernen abhalten würden, einfach auszublenden.

Dieses Phänomen kennen Sie wahrscheinlich aus Situationen, in welchen Sie sich in öffentlichen Umgebungen völlig in ein gutes Buch vertieft haben. Plötzlich werden alle Geräusche der Umwelt ausgeblendet und Sie sind taub für Dinge, die Sie sonst sofort aufhorchen lassen würden. Das Einzige was uns aus solchen Situationen zurückholen kann ist das, was die Wissenschaft stimulusgetriebene Aufmerksamkeit nennt. Ein unerwartetes Ereignis, das unsere Aufmerksamkeit plötzlich und vollständig in Beschlag nimmt. In unserem Beispiel könnte es das Auftauchen eines Bekannten sein, der Ihnen von hinten auf die Schulter klopft. Manchmal passiert es, dass man aufgrund einer solchen Ablenkung den Faden verliert und sich nicht mehr erinnern kann, auf was man seine Aufmerksamkeit vorher gerichtet hatte. Dann hat eine Funktion des Gehirns versagt, die uns im täglichen Leben ständig daran erinnert, was es war, worauf wir achten wollten – das Arbeitsgedächtnis.

DIE MENTALE WERKBANK

Der Neurowissenschaftler Torkel Klingberg bezeichnet das Arbeitsgedächtnis als die mentale Werkbank unseres Gehirns. Alles, auf was Sie Ihre direkte Aufmerksamkeit richten landet dort und wird dort bearbeitet. Sei es eine Telefonnummer, die Sie sich kurz merken müssen oder der Name Ihres neuen Kollegen, den sie nach zwei Sekunden schon wieder vergessen haben. Beides wurde auf der Werkbank bearbeitet, aber dabei unterschiedlich behandelt, denn der Platz im Arbeitsgedächtnis ist sehr begrenzt. Der Psychologieprofessor George Miller ging davon aus, dass maximal sieben Informationseinheiten dort Platz haben. Neueste Erkenntnisse sprechen sogar von nur vier. Befindet sich mehr als diese Informationsmenge auf der Werkbank, wird radikal nach momentaner Wichtigkeit aussortiert.

 

So haben Sie sich auf die Telefonnummer wahrscheinlich sehr bewusst konzentriert, sie vielleicht sogar in kleine Informationseinheiten wie Ziffernpaare aufgeteilt und leise vor sich hingesprochen. Auf diese Weise haben Sie die Nummer auf der Werkbank gehalten, bis Sie sie irgendwo aufschreiben konnten. Der Name ihres neuen Kollegen war jedoch nur eine von unglaublich vielen Informationen, die in der Situation des Kennenlernens auf Sie einprasselten. Sie konnten Ihre Aufmerksamkeit also nicht lange genug auf dem Namen halten, um ihn auf der mentalen Werkbank zu bearbeiten.

Quellen

Klingberg, T.: The Overflowing Brain (Kindle Edition).

Motter, B.C., Focal Attention Produces Spatially Selective Processing in Visual Cortial Areas V1, V2 and V4 in the Presence of Competiting Stimuli, In: Journal of Neurophysiology 70, 1993, S. 909-919.

Brefczynsky, J.A. und DeYoe, E.A.: A Physiological Correlate of the ‚Spotlight‘ of Visual Attention,  In: Nature Neuroscience 2, 1999, S. 370-374.

Kastner, S, u. a.: Increased Activity in the Human Visual Cortex During Directed Attention in the Absence of  Visual Stimulation, In: Neuron 22, 1999, S. 751-761.